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Grundsätzliche Bemerkungen
Der sog. "übertragene Wirkungsbereich" ist jener Bereich der Bundes- oder Landesverwaltung, der von den Organen des Bundes oder Landes gewöhnlicherweise selbst vollzogen wird, aber auch vom Bund oder vom Land an die Gemeinden "übertragen" werden kann. Das zuständige Organ der Gemeinde handelt so, als wäre es ein Organ des Bundes oder des Landes.
Gemeinde als "Verwaltungssprengel"
Im übertragenen Wirkungsbereich ist also die Gemeinde Verwaltungssprengel in dem vom Bund oder vom Land übertragenen Aufgabenbereich. Die Gemeinde wird hier funktionell als Bundes- oder Landesorgan tätig, woraus sich ergibt, dass es innerhalb der Gemeinde keinen weiteren Instanzenzug gibt und dass der Bürgermeister gegenüber den betreffenden staatlichen Organen weisungsgebunden ist; diese Organe sind ihm gegenüber im Verwaltungsverfahren instanzenmäßig übergeordnet.
Im eigenen Wirkungsbereich hingegen ist die Gemeinde "Selbstverwaltungskörper", d.h. sie besorgt ihre Angelegenheiten frei von Weisungen staatlicher Organe.
Umfang des übertragenen Wirkungsbereiches
Ein bestimmter Umfang des übertragenen Wirkungsbereiches ist verfassungsrechtlich nicht vorgesehen, auch nicht ein Rechtsanspruch der Gemeinde. Welche Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich zu vollziehen sind, ergibt sich aus den einfachen Bundesgesetzen und Landesgesetzen.
Eine Mitwirkung in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes oder Landes ist ausgeschlossen.
Bürgermeister - Organ der staatlichen Verwaltung
Der Bürgermeister ist ein Organ der Gemeinde; er ist auch gleichzeitig funktionell ein Organ der allgemeinen staatlichen Verwaltung, weil er auch Aufgaben des übertragenen Wirkungsbereiches (aus dem Vollziehungsbereich des Bundes und des Landes) zu besorgen hat. In Wahrnehmung dieser Aufgaben ist die Gemeinde nicht selbstständiger Rechtsträger, sondern Verwaltungssprengel und als solche zur Durchführung ihrer Aufgaben verpflichtet (wie z.B. nach dem Wählerevidenzgesetz, dem Staatsbürgerschaftsgesetz oder dem Bundesstatistikgesetz).
Übertragung von Aufgaben an andere Organe
Der Bürgermeister ist nicht gehalten, die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches selbst zu besorgen. Er hat die Möglichkeit, diese den Mitgliedern des Gemeindevorstandes oder anderen Organen (gemeint sind jene Organe, die durch Gesetz geschaffen werden können) zur Besorgung in seinem Namen zu übertragen. In diesen Angelegenheiten sind die betreffenden Organe oder dessen Mitglieder an die Weisungen des Bürgermeisters gebunden und ihm verantwortlich.
Umfang der Übertragung von Aufgaben
Der Bürgermeister darf aber nicht bloß einige Geschäftsfälle zur Erledigung übertragen, sondern die Übertragung muss ganze Gruppen von Angelegenheiten umfassen. Die Übertragung darf jedoch keinesfalls alle vom Bürgermeister zu besorgenden Geschäfte umfassen.
Ist das Organ ein Kollegialorgan, dann darf die Übertragung nur auf dessen Mitglieder erfolgen.
Eine Übertragung auf den Gemeinderat ist ausgeschlossen.
Der Bürgermeister darf von seinem Delegierungsrecht nur dann Gebrauch machen, wenn jene Gruppen von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches, die zur Besorgung übertragen werden sollen, in einem sachlichen Zusammenhang mit den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches stehen. Die Beurteilung des Vorliegens eines solchen Zusammenhanges obliegt allein dem Bürgermeister.
Form der Zuständigkeitsübertragung
Die Übertragung der Angelegenheiten an Mitglieder des Gemeindevorstandes bewirkt eine Zuständigkeitsübertragung und ist damit eine generelle Norm, die in Form einer Verordnung zu erfolgen hat.
Im Falle der Übertragung einzelner Gruppen von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches auf bestimmte Organe handeln diese im Namen des Bürgermeisters, dh. es kommt ihnen keine selbständige behördliche Funktion zu. Die von diesen Organen gesetzten Rechtshandlungen werden dem Bürgermeister zugerechnet, sie sind auch an seine Weisungen gebunden.
Zu betonen ist, dass sie dieser Weisungsbindung nur insoweit unterliegen, als es sich vom Bürgermeister an sie übertragene Geschäfte handelt. Hievon sind jene ausgenommen, die den Vorstandsmitgliedern von Gesetzes wegen zustehen, wie z.B. die Vertretung des Bürgermeisters bei dessen Verhinderung.
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Verantwortlichkeit des Bürgermeisters
- Der Bürgermeister ist in den vom Land übertragenen Aufgabenbereich an die Weisungen der zuständigen Organe des Landes gebunden und ihnen gegenüber auch verantwortlich.
In gleicher Weise gilt dies für die mit der Vollziehung durch den Bürgermeister beauftragten Organe. Sie können von der Landesregierung ihres Amtes verlustig erklärt werden.
Sie sind rechtlich (wegen Gesetzesverletzung sowie Nichtbefolgung einer Verordnung oder einer Weisung des Bürgermeisters) verantwortlich.
- In Angelegenheiten der Bundesvollziehung ist der Bürgermeister dem Landeshauptmann verantwortlich. Der Landeshauptmann kann den Bürgermeister und die von ihm mit der Besorgung von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches betrauten Organe der Gemeinde oder bei Kollegialorganen deren Mitglieder ihres Amtes für verlustig erklären, wenn sie auf dem Gebiete der Bundesvollziehung vorsätzlich oder grob fahrlässig Gesetze verletzen oder Verordnungen oder Weisungen nicht befolgt haben; die allfällige Mitgliedschaft einer solchen Person zum Gemeinderat wird hiedurch nicht berührt.
Ablehnung einer Weisung
Die Weisungsgebundenheit des Bürgermeisters besteht nicht gegenüber unzuständigen Organen. Diesfalls kann der Bürgermeister die Befolgung der Weisung ablehnen. Die Weisung kann aber auch dann abgelehnt werden, wenn deren Befolgung gegen strafgesetzwidrige Vorschriften verstoßen würde.
Amtshaftung
Im Falle der Amtshaftung hinsichtlich der übertragenen Angelegenheiten kann sich ein Geschädigter entweder an die Gemeinde selbst wenden, oder an den Bund oder das Land.
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